Die Nanny

Als Marille drei Monate als ist, beginne ich mich schweren Herzens auf die Suche nach einer Nanny zu machen. Ich habe 70 Tage bezahlte Elternzeit, und habe mir noch ein paar Wochen unbezahlten Urlaub genommen. Einen Grippenplatz haben wir schon vor ihrer Geburt sichergestellt, aber dafür ist sie jetzt noch zu klein.

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Wir haben Glück und finden eine sehr nette Frau, Mutter eines Teenagers, mit Erfahrung mit Kleinkindern und gebrochenem Deutsch. Sie ermöglicht es mir, Vollzeit in meine Arbeit zurückzukehren.

Die Jahre vor Marilles Geburt war ich mehrmals im Jahr auf Dienstreise. Meine längste Dienstreise war sieben Wochen lang. Es war mein eigener Wunsch; ich hatte meine Chefin überzeugen müssen, dass sie mich an noch einem Projekt arbeiten lässt. Sie wusste, dass es zuviel war, ich glaubte ihr nicht. Sie behielt recht.

Als Johannes und ich ein Paar wurden, legten wir unsere Dienstreisen so, dass wir gleichzeitig weg waren. So konnten wir zumindest ein paar Wochen zusammen in Washington verbringen und manchmal trafen wir uns zum tete-a-tete beim Umsteigen in Frankfurt oder München. Meine ehemalige und seine aktuelle Chefin erlaubte ihm, eine Woche aus Ramallah zu arbeiten während ich dort auf Dienstreise war. Sie spielte damals eine große Rolle in unserem Leben, darauf komme ich noch zu sprechen.

Als Marille 10 Monate alt ist fliege ich das erste Mal weg. „Nur eine Woche“ nach Djibouti. Ich packe eines ihrer Kuscheltiere in mein Handgepäck und fühle mich ein wenig lächerlich dabei.

Es ist schön Kollegen zu treffen, interessante Gespräche zu führen. Es ist wunderbar zu sehen, dass ich durch meine Arbeit viel bewirke. Was ich tue, macht Sinn, für reale Menschen. Meistens zumindest.

An den Abenden als ich zurück im Hotel bin, in dem ich auch war, als der Terroranschlag auf das Restaurant stattfand, telefoniere ich mit Johannes und Marille per Video. Ich vermisse sie und bin froh, dass ich das Kuscheltier dabeihabe. Im Grunde ist es ein Waschlappen, den meine kreative Schwester in ein Kuscheltier umgewandelt hat.

Am vorletzten Tag bin ich in einem Meeting, als ich eine Nachricht auf mein Handy bekomme. Mein Mann hat ein neues Bild in die Familiengruppe hochgeladen. Ein Video. Ich klicke auf das Video und mein Herz setzt kurzzeitig aus: Marille geht. Sie geht auf die Nanny zu, Johannes filmt es.

Ich habe die ersten Schritte meiner Tochter verpasst. Diesen Moment kann mir niemand zurückgeben.

Mein Gepäck auf meinem ersten Businesstrip nach Marilles Geburt

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