Scheiben und weiteratmen

Es war der Internationale Frauentag 2022, als meine 6-jährige Tochter nach der Schule durch die Tür stürmte und sich in meine Arme warf: "Herzlichen Glückwunsch zum Weltbesten Frauentag"! Ich lachte und umarmte sie. Aber angesichts des Krieges in der Ukraine war es definitiv nicht der weltbeste Frauentag.

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Im Jahr davor war auch nicht der weltbeste Frauentag  – Corona. Und im Jahr davor war die Welt zum Stillstand gekommen, und wir fanden uns in einer Wohnung mit zwei Kindergartenkindern und zwei anspruchsvollen Vollzeitjobs gefangen, die in den ersten Monaten der Pandemie an Intensität zunahmen. Ich erinnere mich, dass ich Stunden vor dem Morgengrauen damit verbrachte, den Life-Ticker auf meinem Handy zu durchforsten, denn jeder Tag brachte neue Meldungen über Infizierte, Krankenhausaufenthalte und Tote.

Dieses Jahr herrschte nicht nur draußen Krieg, sondern auch in meinem Inneren. Mein Körper kämpfte mit einer schweren Infektion. Eine Lungenentzündung hatte zu einer sehr schmerzhaften Rippenfellentzündung geführt. Dieses Wort hatte ich vorher noch nie gehört. Ich befand mich in der dritten Woche mit Schmerzen, bekam Medikamente und tat mein Bestes, auf dem Sofa zu bleiben und mich auszuruhen. Mein Körper hatte endlich genug von meinem Lebensstil.

Ich höre dich – schreibe ich auf das Blatt Papier.

Ich atme oberflächlich.

Ich schreibe.

Ich entspanne mich ein wenig.

Ich atme ein bisschen tiefer.

Durch mein Schreiben spreche ich mit meinem Schmerz. Ich fange an, mich ein bisschen wohler zu fühlen. Endlich.

In einem Artikel für die Zeitschrift  Advances in Psychiatric Treatment präsentieren die Autoren Baikie und Wilhelm Beweise für den emotionalen und körperlichen Gesundheitsnutzen des expressiven Schreibens.

Diese Experimente werden mit zwei Gruppen von Menschen durchgeführt. Die eine Gruppe wird gebeten, einige Tage lang über ihre tiefsten Gedanken und Gefühle in Bezug auf das traumatischste Erlebnis ihres Lebens zu schreiben, während die andere Gruppe gebeten wird, über ein neutrales Thema (z. B. das Wetter oder ihre Garderobe) zu schreiben.

Der Unterschied in den Ergebnissen zwischen diesen beiden Gruppen ist auf die Erfahrung des Schreibens zurückzuführen. Selbst Monate später unterscheiden sich die Ergebnisse zwischen diesen beiden Gruppen. Diejenigen, die über ihre Gefühle geschrieben haben, verzeichnen weniger stressbedingte Arztbesuche, profitieren von einem verbesserten Immunsystem, einer besseren Lungen- und Leberfunktion und einem niedrigeren Blutdruck, neben anderen positiven Auswirkungen.

Die Autoren zitieren auch eine Studie, in der Teilnehmer mit Asthma nach einem laborgestützten Schreibprogramm Verbesserungen der Lungenfunktion zeigten. Faszinierend.

„In zwei Minuten ist das Essen fertig“, ruft da mein Mann aus der Küche. „Yeahhhh“, rufen die Kinder und springen auf und ab. Sie haben den Tisch gedeckt. Es gibt Blumen. Vielleicht ist es ja doch der weltbeste Frauentag. Es ist ein neuer Anfang. Der Beginn eines Schreiblebens.

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Dr. Stefanie Brodmann
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