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Ein eigenes Bankkonto

Die nackten Füße der jungen Frau, die mit gebücktem Rücken auf staubigem Untergrund steht, schwitzen in den Schuhen aus schwarzem Plastik, die sie heute tragen muss. Sonst verrichtet sie die Arbeit immer barfuß. Langsam gleitet der Rechen über den weichen Untergrund, ihre zarten Händen stecken in viel zu großen Arbeitshandschuhen. Plastikfetzen haben sich wieder in den Zinken ihres Rechens verfangen.

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Djibouti, 2014

Mouna richtet sich langsam auf, lehnt den Rechen gegen ihren schwangeren Bauch, und wischt sich mit dem Wipfel ihres langen bunten Kopftuches über die Stirn. Sie ist 27 Jahre alt, die schwüle Hitze an diesem Vormittag im Mai macht ihr zu schaffen. Überall um sie herum liegt Müll, vor allem zerfetzte Plastiktüten, ein Schmaus für die vielen Ziegen im Viertel, die jedoch daran eingehen. In Mounas Plastikschuhen hat sich eine kleine Pfütze gebildet. Heute muss sie die Schuhe tragen, sagen die Fauen der NGO, und Handschuhe und eine weiße Schutzmaske gegen den Staub. Die Maske hat sie sich um das Handgelenk gewickelt.

Mouna blickt sich um, die Frauen sind ungewöhnlich still heute. Normalerweise reden und lachen sie während der Arbeit. Heute nicht. Heute warten alle gespannt auf die weiße Frau, die aus Amerika kommt. Es gibt nicht viel zu sehen, außer einen Haufen schwangerer Frauen mit Rechen inmitten von Müllbergen, und Kindern, die barfuß und in zerrissenen Kleidern herumtollen.

Die fremde Frau wird auch den kleinen Gemeinschaftsraum besuchen, in dem Mouna und die zwanzig anderen Frauen ihrer Gruppe zusammenkommen, um gemeinsam zu kochen, und um den Erzählungen der Frauen der NGO zuzuhören.

Mouna selbst ist schon eine erfahrene Mutter, sie hat zwei Kinder, aber in dieser Gruppe erfährt sie Dinge, die ihr völlig unbekannt sind.

Das Sperma des Mannes geht in die Muttermilch über, so hat es ihre Mutter ihr erzählt, so erzählt es jede Mutter ihrer Tochter. Genau 40 Tage nach der Geburt eines Kindes kommt der Mann zu seiner Frau ins Bett, so ist es Tradition. An diesem Tag hören die Mütter mit dem Stillen auf, obwohl das Wasser nicht sauber ist und es keine Ersatznahrung gibt.

Nein, das Sperma des Mannes geht nicht in die Muttermilch über, versichern die Frauen der NGO. Mouna streicht sich über ihren gewölbten Bauch. Ihr Mann wird wieder zu ihr ins Bett kommen, aber dieses Mal wird sie nicht mit dem Stillen aufhören.

Mouna schrickt auf, als das Geschrei der Kinder noch lauter wird. Ein großes weißes Auto kommt auf sie zu, die Kinder laufen der Staubwolke entgegen. Die Frauen rufen durcheinander und Mouna nimmt rasch die Maske von ihrem Handgelenk und befestigt das Gummiband hinter ihren Ohren. Sie muss schneller atmen, um Luft zu bekommen. Schutzkleidung, sagen die Frauen der NGO, ist bei dieser Arbeit Pflicht. Die fremde Frau wird darauf achten. Mouna stützt sich auf ihren Rechen und schaut zu, wie sich die Kinder um das Auto drängeln.

Ich wünsche mir so sehr ein Kind

Als das Auto stillsteht und schlucke ich fest, als ich in die Gesichter der Kinder blicke. Große Augen, schmale Wangen. Ich wünsche mir so sehr ein Kind.

Ich bin 34 Jahre alt. Meine Mutter hat mich mit knapp 25 Jahren bekommen. Aber meine Mutter ist auch nicht ständig auf Dienstreise gewesen. Ich denke an den toten Fötus in der Toilette. Meine Kollegin Michelle hat mir während einer dieser langen Flüge von Djibouti zurück nach Washington erzählt, wie sie im dritten Monat ihrer Schwangerschaft einen Haufen Blut in der Toilette heruntergespült hat, ohne ihren mitreisenden Kollegen davon zu erzählen. Eine starke Frau. Ich will nicht, dass mir das passiert. Aber ich bin auch nicht schwanger.

Im letzten Jahr war ich neun Mal hier, damit das Programm zur Unterstützung schwangerer Frauen aus dem Boden gestampft werden konnte. Ich befeuchte meine trockenen Lippen mit der Zunge und öffne vorsichtig die Autotür, damit die Kinder Zeit haben zurückzuweichen.

Die meisten Väter der Kinder, die sich um mich drängeln, sind Tagelöhner und verbringen die Nachmittage damit herumzusitzen und grüne Blätter zu kauen. Die Männer kommen nicht davon los, auch wenn sie ihr am Morgen verdientes Geld für ihre Sucht aufbrauchen und abends mit leeren Händen nach Hause in ihre ärmliche Behausung und zu ihren hungrigen Kindern zurückkehren. Die Frauen, die mich freundlich anlächeln und ihre orangefarbenen Westen über ihre Bäuche ziehen, haben noch nie in ihrem Leben Geld verdient. Weniger als 20 Prozent der Frauen in Djibouti arbeiten. Frauen kommen aus dem benachbarten Somalia, um in den Herrschaftshäusern zu arbeiten, aber die Frauen aus den ärmsten Vierteln der Stadt sind nicht in bezahlter Arbeit. Mehr als 60 Prozent der Frauen in Djibouti können nicht Lesen oder Schreiben. Chancengleichheit liegt in weiter Ferne.

Jetzt gibt es Arbeit in ihrem Viertel, aber nur für schwangere Frauen, die regelmäßig in den Gemeinschaftsraum kommen, um von den Frauen der NGO und einer älteren Mutter über Ernährung in der Schwangerschaft und andere Dinge zu lernen. Die Frauen konnten sich entscheiden, ob sie die Arbeit selbst machen und dafür Geld auf ein eigenes Bankkonto bekommen, oder ob ein anderes Familienmitglied Arbeit und Geld erhält. Fast alle Frauen haben sich dafür entschieden, selbst zu arbeiten.

Eine Frau in schwarzen Plastikschuhen und einem sehr bunten Kopftuch zieht ihre Maske vom Gesicht. Sie lächelt mich an. Morgen ist Zahltag.

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