Lebendig wie ein Seestern im Wasser

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Von Sterneköchen

Zwei Wochen nach unserem 10. Hochzeitstag schenke ich meinem Mann Handtücher zum Geburtstag.

In den letzten 10 Jahren haben wir uns gegenseitig zum Geburtstag etwas ganz anderes geschenkt: Ein besonderer Restaurantbesuch. Ein Jahr an seinem Geburtstag, im nächsten an meinem. So hatten wir Abwechslung in der Saison: Sommer und Winter.

Zwei Wochen nach unserer Hochzeit fing es an: Sein Geburtstag im Steierereck, das beste Restaurant Österreichs. In Erinnerung blieb ganz besonders: Die Artischocke, die auf dem Dach des Restaurants gewachsen war.

Im Jahr darauf: Elizabeth’s Gone Raw: Ein kleines Restaurant in Washington, DC, in dem es nur rohe Gerichte gab – vegan fine dining! Überraschend hervorragend!

In jenem Jahr haben wir Washington verlassen, und zum Abschied feierten wir im selben Jahr seinen Geburtstag mit einem Highlight: The Inn at Little Washington. Ich schwanger. Der absolut schönste Moment: Im Regen unter der Veranda sitzen und High Tea genießen als wären wir in den Südstaaten, inklusive der schwülen Hitze.

Im Jahr darauf ging es in Europa weiter und weiter: Tian in Wien, Das Bootshaus am Traunsee ❤️ usw. Bis zu unserem absoluten Höhepunkt letztes Jahr:

Das Noma!

Hier geht es zu meinem Blogartikel von Juli 2022.

Von Handtüchern

Dieses Jahr kein Restaurantbesuch. Dieses Jahr schenke ich meinem Mann zum Geburtstag Handtücher. 

Flauschige, Öko-Standard, jeweils zwei große und zwei kleine in graublau und waldgrün.

Nein, es ist keine späte Rache für die Kaffeemaschine, die er mir vor 12 Jahren als allererstes Geschenk machte.

An unserem 10. Hochzeitstag waren wir in Kopenhagen extrem gut essen.

Warum habe ich nicht daran gedacht, eines der Restaurants als Geburtstagsgeschenk auszurufen?

Warum Handtücher?

"I was married ten years ago.... I was thirty-four - not a young bride but about right for my narrow slice of the world... I married the man I married because I liked his version of myself better than my own. I married him, because I felt more real with him than with anyone else...I married him because he made the perfect martini...because he was more at home with being a man than any many I knew, because he shouldered responsibility with deceptive ease, and because his eyes welled up with tears elicited by the everyday grace of ordinary people. There were no better and no worse, as reasons go, than any others I've heard for getting married... The first Valentine's Day after we were married, my husband gave me bath towels..."

Es ist kurz vor halb neun in der Früh. Mein Mann und ich sitzen am Frühstückstisch, die Kinder schlafen noch.

Ein großes in Geschenkpapier umwickelte Paket liegt am Tisch, daneben ein kleines Geschenk und ein Briefumschlag, auf dem steht: Für den besten Papa der Welt!

Ich blättere in dem Buch, das ich vor ein paar Wochen gelesen habe und beginne, laut vorzulesen: For Better or Worse von Lynn Darling.

Sie erzählt die bittersüße Geschichte, wie böse sie wurde, als ihr Mann ihr zum ersten Valentinstag rote Handtücher schenkte. Sie erzählt, warum sie ihn geheiratet hat, wie sich Ehe während und nach 10 Jahren anfühlt.

Mein Mann lacht hier und da leise auf. Es ist eine der schönsten Geschichten, die ich je gelesen habe.

Ich frage ihn, ob er etwas bereut. Er überlegt. „Nein. Nur, dass ich nicht mehr mit Sahne und Butter kochen kann.“

Na, wenn es nur das ist!

Er ahnt noch nicht, was sich unter dem Geschenkpapier verbirgt.

Von Steinen

Zwei Stunden früher, um kurz vor sieben, saß ich mit meinem Notizbuch am Strand von Klitmøller, auch Cold Hawaii genannt. Surfer Paradies! 

Wir surfen nicht. Wir sind hier, weil wir die Nordsee lieben und mein Mann ein wunderschönes Ferienhaus online gefunden hat – vor zwei Jahren!

Zwei Jahre, solange dauert sie schon, unserer Vorfreude und auch das Necken von Kollegen über Cold Hawaii??!!

Wir sind seit zwei Tagen hier. Zwei Tage Strand, zwei Tage Sonnenschein, zwei Tage ständig draußen sein.

Ich sitze am Strand und lausche den Wellen. Ein junger Mann  geht vorbei. Gummistiefel, Angel in der einen Hand, ein ausgenommener Fisch baumelt in seiner anderen. Seinetwegen sitze ich hier und schreibe.

Auf meiner Bucketliste für den Sommer steht:

  • Morgendliche laaaaange Strandspaziergänge mit meinem Notizbuch an der Nordsee
  • Einen Bernstein im Sand finden
  • In der Nordsee schwimmen (🥶)

Der letzte Punkt habe ich in den letzten beiden Tagen abgehakt.

Ein Angler inspiriert mich dazu mich hinzusetzen und zu schreiben

Gestern Abend hat mir mein Bauch gesagt, dass ich heute früh aufwachen werde und meinen laaaangen Strandspaziergang machen werde. Ich hatte mir daher schon meine Kleider zurechtgelegt, damit ich um fünf Uhr morgens meinen Mann nicht wecke (was mir nicht gelungen ist, ups).

Um kurz vor sechs Uhr morgens gehe ich los, durch die Dünen direkt zum Strand von Klitmøller. Drei Fischer ziehen ein kleines Boot ins Wasser.

Ich gehe weiter am Strand entlang, mein Ziel ist Hanstholm, ein Ort mehrere Kilometer nördlich. Mein Wunsch ist es, einen Bernstein zu finden.

Ich merke, dass ich sehr langsam gehe, mich ständig bücke um einen Stein aufzuheben. Weit-Gehen und Bernstein-Suchen passen nicht zusammen!

Ich komme kaum voran. Mein Mann hat Geburtstag, es zieht mich zurück.

Ich gebe Hanstholm auf und den Bernstein auch – für heute.

Auf dem Weg zurück ins Ferienhaus zu meiner schlafenden Familie

Vom Leben und der Liebe

Als ich mich auf den Rückweg mache blicke ich nur noch mit halbem Auge auf den Sand. Und da sehe ich es: Einen lila Seestern!

Ich hebe den kleinen Kerl auf und setze ihn zurück ins Wasser. 

Ich komme an den Fischerbooten am Strand vorbei, die drei Fischer sind schon wieder an Land und essen ihr Butterbrot neben ihrem Kutter. Wir begrüßen uns, um sie herum liegen Krabben, im Meer vor den Schiffen schaukeln lauter Möwen.

Kein Bernstein aber was viel Schöneres: Ein Lebewesen das zurück ins Wasser will
Um 6 Uhr früh fahren die Fischer aus

Ich gehe weiter, sehe den Angler in der Ferne. Als ich näher komme, nimmt er gerade seinen Fang aus. 

Und da verstehe ich endlich, was mir dieser Tag um 7 Uhr morgens sagen will! Um mich herum ist Leben! Lauter wunderbare Lebewesen! Ich brauche keinen Stein.

Und da fällt mir noch ein Geburtstag in einem Restaurant ein: Kim Kocht in Wien. Mein 35. Geburtstag. Unsere Tochter war ein knappes Jahr alt, zuhause bei der Nanny. Ich war seit vier Wochen schwanger mit unserem Sohn ❤️

Ich erinnere mich an den Moment, in dem ich den Ring geschenkt bekam. Ich schrieb darüber letztes Jahr in meinem  Notizbuch, während meines sabbaticals: 

“Seitdem ich Kinder habe, ist Zeit das schönste Geschenk. Zeit für mich. Ich habe Zeit, aber ich verschenke sie sofort an andere ein eben diese Kinder, an die Geschirrspülmaschine die voll ist und ausgeräumt gehört, an die Kleider jene Kinder, die in ihrem Zimmer rumliegen, an den Fernseher, und zum Glück auch an mein Bett. Aber Zeit für mich? Das wäre ein Geschenk wertvoller als ein Diamant. Ich besitze einen Diamanten, den hat mir mein Mann zu meinem ich weiß ja auch nicht genau 35. Geburtstag geschenkt. Ich glaube ich war schwanger. Ich erinnere mich gar nicht mehr daran ob mit Kind 1 oder 2. Dabei hatte ich mir den Ring so sehr gewünscht. Jetzt habe ich den Ring ein ganzes Jahr gar nicht getragen. Mein Leben hat mir von einem auf den anderen Tag Zeit geschenkt... ”

Von Eiern und Lämmern

Als ich um kurz nach sieben Uhr heimkomme decke ich den Frühstückstisch und koche zwei Eier. Es ist das erste Mal in vielen Wochen, dass ich „koche“. 

„I married him, because he makes the perfect martini.“ Ich liebe diesen Text von Lynn Darling, denn ich finde soviel von mir darin wieder. Von uns.

Wir haben vor 10 Jahren geheiratet. Ich war 33 Jahre alt. Er hat sich mit einem gegrillten Lamm in mein Herz gekocht.

Um kurz vor neun Uhr stehen die Kinder in der Tür, geduscht und angezogen!!

Ja, in diesem unglaublichen Ferienhaus haben die Kinder ihren eigenen Teil vom Haus und sind auf einmal total selbständig.

Mein Mann spaßt mit den Kindern: „Ich wette in dem großen Geschenk sind Handtücher drin!“

 WOHER WEISST DU DAS???!!!!, rufen sie erstaunt.

Und tatsächlich. Handtücher!

Wir lachen herzlich.

“Now my husband gives me bath towels every Valentine's Day, and every Valentine's Day I laugh. It has become part of our mythology. But the laughter is its own edgy commentary on how things have changed, how we have changed each other, how the two people who smile at this joke are indelibly stained with each other's expectations and disappointments, how who we are is a composite of who me might have been refracted through the lens of whom we married. They laughter is a counterpane, covering the limps we've dealt each other, the cars left from the various surgeries we've performed on each other, the enthusiasms dampened so that a couple might emerge...”

Als ich an meiner Familie vorbei in den Garten schaue, erinnere ich mich an die beiden Besucher, die heute früh um kurz nach fünf Uhr morgens bei uns gefrühstückt haben: Ein Reh und ein Hase.

Nein, wir werden heute in keinem besonderen Restaurant essen. Mein Mann kocht uns seit Wochen (fast) jeden Abend ein unglaublich leckeres Essen.

Ich bin so verwöhnt und so geliebt. Wie schön, lebendig zu sein!

Update: Am Nachmittag springt doch tatsächlich noch ein kleiner Frosch über die Terrasse! Was ist denn heute bloß los?!

Frühstücksgäste um kurz nach 5 in unserem Garten
Blogschreiben, wo vor ein paar Stunden noch Gras gefrühstückt wurde

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Dr. Stefanie Brodmann
stefanie@thewritingflow.com

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